Mit meinem Mann kann ich mich nicht mehr auf die Straße wagen - er benimmt sich so rüpelhaft dass es peinlich ist.
Mit meinem Mann kann ich mich nicht mehr auf die Straße wagen - er benimmt sich so rüpelhaft, dass es nur noch peinlich ist. Eigentlich ist Horst eher von der unauffälligen Sorte. Doch manchmal fällt er, wie aus heiterem Himmel, plötzlich aus der Rolle.
Einen Fremden, der ihn beim Einsteigen in Bus oder Bahn versehentlich streift oder im Weg steht, pöbelt er sofort an. Wenn ihm die Schlange im Supermarkt zu lang ist, legt er sich gleich mit der Kassiererin und dem Filialleiter an. Und motzt die ganze Zeit vor sich hin, so dass alle anderen Kunden gucken.
Wenn wir, selten genug, mal Essen gehen, behandelt er den Kellner wie einen Sklaven. Er nörgelt aber auch an allem herum: Das Bier ist zu warm, das Essen zu kalt, das Fleisch zu blutig, das Gemüse zu weich, die Bedienung nicht aufmerksam genug. Na, dass der Kellner kein Trinkgeld bekommt, liegt ja auf der Hand.
Gehen wir ins Kino oder Theater, regt er sich über Gespräche zehn Reihen hinter uns auf und dass ihm die Leute in den Reihen vor uns die Sicht versperren. Wenn die Vorstellung zu Ende ist, drängelt er sich an allen vorbei zur Garderobe um auch ja als erster die Mäntel zu bekommen. Wenn er dabei jemanden anrempelt, dann macht das natürlich nichts.
Auch im Gespräch mit Freunden und Verwandten ist er immer sehr direkt. Diplomatie ist seine Sache nicht. Wenn ihm etwas nicht gefällt, sagt er das sofort ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. "So bin ich nun mal, ich verstelle mich nicht", ist seine Einstellung, auf die er auch noch stolz ist.
Dass er damit andere vor den Kopf stößt, stört ihn überhaupt nicht. Und auch nicht, dass ich dann immer im Erdboden versinken möchte, weil uns das immer wieder in die peinlichsten Situationen bringt.
Autofahren mit ihm ist ein Albtraum. Es gibt wohl niemanden außer ihm, der irgend etwas im Straßenverkehr richtig macht. Die einen sind ihm zu langsam, die anderen zu schnell. Schon die kleinsten Fahrfehler ahndet er sofort mit der Hupe oder aufgeblendeten Scheinwerfern.
Dazu kommt noch, dass er keinerlei Hemmungen hat, in meiner Gegenwart zu rülpsen oder beispielsweise beim Fernsehen die Füße auf den Couchtisch zu legen. Wenn ich ihn darauf anspreche, sagt er nur: "Wieso, wir sind doch unter uns."
Mag ja sein, dass ich manchmal ein wenig grob wirke. Aber von uns Männern wird doch jeden Tag verlangt, dass wir uns durchsetzen sollen. Wir sollen Karriere machen, viel Geld verdienen, immer die ersten und die schnellsten sein - und im nächsten Moment wieder den weichen, verständnisvollen Softie geben.
Jungs werden doch schon so erzogen, dass sie sich durchsetzen sollen. So war das auch bei mir. Wer etwas erreichen will, muss sich durchsetzen können. Und ich lass mir eben von anderen nichts gefallen. Wer bin ich denn? Ich habe auch meinen Stolz.
Ich bin eben sehr geradeaus, das ist doch eigentlich eine gute Eigenschaft, da weiß jeder gleich, woran er ist. Ich finde es furchtbar, wie kompliziert sich manche Leute geben. Marlies wird mich jetzt auch nicht mehr ändern - dafür ist es zu spät.
Menschen unterscheiden sich stark darin, wie hoch ihre Frustrationstoleranz ist. Je mehr Forderungen sie stellen, dass die Umwelt sich nach ihren Vorstellungen verhalten sollte, umso häufiger verspüren sie Ärger und umso eher "rasten" sie aus.
Da sie durch ihre heftigen Reaktionen häufig auch noch das erreichen, was sie wollen, haben sie nur selten die Einsicht und den Wunsch, sich zu verändern. Den Preis, dass sie von manch anderem eher gemieden oder gefürchtet werden, zahlen sie gerne.
Partner haben dann so gut wie keine Einflussmöglichkeiten. Sie können nur entscheiden, ob sie mit einem solchen Menschen weiter unter einem Dach leben möchten oder nicht.
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