Jedes kleine Zipperlein und Wehwehchen jeden kleinen Schnupfen baut mein Freund zu einem Notfall aus. Das Gejammer nervt!
Jedes kleine Zipperlein und Wehwehchen, jeden kleinen Schnupfen baut mein Freund zu einem Notfall aus. Das Gejammer nervt!
Er ist sonst eigentlich ein lieber, netter Kerl. Und auch nicht dumm. Aber wenn es um seine Gesundheit geht, ist er so ein Sensibelchen, das ist einfach unglaublich. Ein kleiner Schnupfen und schon holt er das Fieberthermometer raus.
Ein kleiner Mückenstich und er jammert so vor sich hin, immer wieder auf die Größe und Rötung der Schwellung hinweisend. Ein kleiner Ratscher in den Finger und das Verbandszeug wird ausgepackt. Und dann muss er geschont und betüdelt werden. Axel hier, Axel da. Kaum, dass er sich dann mal vom Sofa bewegt.
Aber wenn mir mal etwas weh tut oder ich eine dicke Erkältung habe, bekomme ich immer nur zu hören: Stell dich doch nicht so an! Das geht auch wieder weg. Dabei wird bei ihm schon das kleinste Pickelchen zur Katastrophe (Warze? Gürtelrose? Hautkrebs?) Das nenne ich männliche Logik.
Manchmal denke ich, Axel will mich auf den Arm nehmen oder meine Gutmütigkeit ausnutzen. Aber dann merke ich wieder: Der meint das ernst. Der ist tatsächlich so drauf! Wahrscheinlich ist das auch eine Frage der Erziehung. Meine Schwiegermutter jammert und klagt nämlich auch ganz gerne. Letztendlich kann man das Axel ja nicht zum Vorwurf machen. Und dann tut er mir auch irgendwie Leid. Wer kann denn schon aus seiner Haut?
Trotzdem wäre es mir sehr lieb, wenn sich Axel ändern würde. Denn gerade anderen gegenüber ist mir das doch sehr peinlich, wie er sich verhält. Es graut mir schon davor, wenn ihn jemand in meiner Gegenwart fragt, wie es ihm geht. Bei Axel gibt es kein "Danke, gut", wie es eigentlich erwartet wird.
Entspannende Abende werden es für mich dagegen, wenn sich Axel mit dem Mann meiner besten Freundin unterhält. Dann jammern sie sich nämlich gegenseitig etwas vor. Hinterher ist er dann richtig ausgeglichen, weil er jemanden gefunden hat, dem es noch schlechter geht als ihm.
Die Gesundheit ist doch das Wichtigste, sagt man immer. Und das ist ja auch so. Was soll denn verkehrt daran sein, wenn man ein wenig darauf achtet? Wie oft hört oder liest man, dass Leute eine kleine Krankheit nicht ernst nehmen. Und schwuppdiwupp sterben sie daran.
Die Gesundheit bestimmt auch den Wert jedes Einzelnen auf dem Arbeitsmarkt. Wenn ich damit nicht vorsichtig umgehe und mir irgend einen dauerhaften Schaden einfange, vielleicht arbeitsunfähig werde, wer zahlt dann meine Rechnungen? Selbst wenn man noch so toll versichert ist, den gleichen Standard kann man doch nie halten.
Also bin ich lieber gleich ein bisschen vorsichtiger und schone mich lieber einmal zu viel als zu wenig. Ich bin nicht wehleidig, ich hebe nur gleich die Hand, wenn es mir weh tut. Welchen Sinn sollte es denn haben, den Helden zu spielen?
Indianerherz kennt keinen Schmerz, Ein echter Mann weint nicht, - dieser ganze Quatsch, den wir von unseren Vätern gehört haben, ist doch längst überholt. Außerdem ist es irgendwie schizophren: Da wird immer der sensible, gefühlvolle Mann gefordert und wenn du dann deine Gefühle äußerst, ist das auch wieder nicht richtig.
Unsere Schmerzempfindung ist immer subjektiv. Es ist müßig, sich darüber zu streiten, ob und wie stark etwas weh tun kann. Bereits in der Kindheit lernen wir, wie stark wir auf die Signale unseres Körpers achten, ab wann wir etwas als schmerzhaft empfinden und wie wir darauf reagieren.
Wer sich besonders intensiv beobachtet, wird auch eher Veränderungen verspüren und Anlass finden, sich Sorgen darum zu machen. Und je mehr wir uns sorgen und uns gleich die schlimmstmögliche Diagnose ausmalen, desto mehr verstärken wir auch unser subjektives Schmerzempfinden.
Bei unserer Schmerzempfindung kann darüber hinaus auch eine Rolle spielen, ob wir den Schmerz als Möglichkeit sehen, Aufmerksamkeit und Zuwendung zu bekommen, - auf die wir sonst vielleicht vergebens warten. Hat unser Schmerz positive Konsequenzen, könnte es sich für uns lohnen, Schmerzen zu haben.
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